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Digitaler C02-Fußabdruck: Digitalisierung und Nachhaltigkeit

Autor:in Nicole Feger

Datum: 2022-11-16

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Heutzutage sind Streamingdienste wie Netflix, Disney+, Amazon Prime oder Spotify kaum wegzudenken. So gut wie jede:r von uns nutzt mindestens eine dieser Plattformen. Und auch unser Smartphone bekommt immer mehr Aufmerksamkeit von uns. Social Media Apps wie Instagram und Tik Tok treiben unsere Bildschirmzeit oft in die Höhe. Das hat nicht nur negative Einflüsse auf unsere mentale Gesundheit, sondern auch auf das Klima. Denn aufgrund der exzessiven Nutzung von Smartphones, Laptops und Tablets steigt unser Stromverbrauch. Doch das ist längst nicht alles. Oft wird dabei vergessen, dass nicht nur die Herstellung der Geräte Energie und Ressourcen benötigt, sondern auch die Entsorgung problematisch ist. Und der Energieverbrauch von Rechenzentren und Datennetzwerken darf ebenfalls nicht außer Acht gelassen werden [1].

Pro Durchschnittsdeutschen liegen laut Öko-Institut die CO2-Emissionen durch IT-Nutzung jährlich bei etwa 0,9 Tonnen. Zustande kommt diese Zahl durch Herstellung (346 kg) und Nutzung von Endgeräten (189 kg) Rechenzentren (250 kg), und Netzwerken, inklusive Social Media und Videostreaming (64 kg) [2]. Um das persönliche Ausmaß unseres digitalen Konsums zu messen wird immer wieder vom digitalen CO2-Fußabdruck gesprochen. Doch was genau sagt dieser aus?

Schauen wir uns erst zunächst eine Definition für den allgemeinen CO2-Fußadruck an: „Der CO2-Fußabdruck ist das Ergebnis einer Emissionsberechnung bzw. CO2-Bilanz. Er gibt an, welche Menge von Treibhausgasen durch eine Aktivität, einen Prozess oder eine Handlung freigesetzt wird.“ [3] Diesen Fußabdruck gibt es für Produktionsprozesse, Unternehmen, Einzelpersonen und Produkte. Deren Fußabdruck umfasst „die Summe der Emissionen[…], die durch die Herstellung, die Nutzung sowie durch die Verwertung und Entsorgung des jeweiligen Produktes entstehen.“ [4] Entsprechend lässt sich dies natürlich auch für digitale Produkte berechnen, wie zum Beispiel dem Streaming von Filmen und Serien. 

Was ist ein digitaler C02-Fußabdruck und wie wird er berechnet?

Der digitale CO2-Fußabdruck fasst zusammen, wie viele Emissionen durch unsere digitalen Aktivitäten verursacht werden. Dazu zählen Produktion, Nutzung und Datenübertragung der digitalen Geräte [5].

Um deinen eigenen Fußabdruck exakt zu berechnen, müsstest du also für jedes Endgerät auflisten, wie viel Emissionen durch die Herstellung entstanden sind, wie viel CO2 im Zusammenhang mit deiner Nutzungsdauer entsteht – inklusive Rechenzentren und Datenübertragung – und im besten Fall wie hoch die Emissionen durch Entsorgung oder Recycling sind. Ziemlich kompliziert und aufwendig. Unter https://www.digitalcarbonfootprint.eu/ findest du deshalb einen vereinfachten Rechner, der anhand deiner Angaben zu Geräten deinen digitalen CO2-Fußabdruck schätzt. Danach kannst du diesen mit dem durchschnittlichen Digitalkonsum vergleichen. Das Öko-Institut hat außerdem im Juli 2020 eine interessante Datensammlung veröffentlicht. Unter https://www.oeko.de/fileadmin/oekodoc/Digitaler-CO2-Fussabdruck.pdf findest du eine Übersicht der CO2-Emissionen, die durch verschiedene Geräte sowie Aktivitäten im Netz, von Fernseher bis Smart Home, verursacht werden. 

Nachdem du dich über deinen aktuellen digitalen CO2-Fußabdruck informiert hast, findest du hier einige Tipps, um ihn im Alltag einfach zu verringern.

Einfache Tipps, um deinen digitalen CO2-Fußabdruck zu verringern

Geräte

  • Bildschirmhelligkeit dimmen

  • Kleinere Monitore verwenden

  • Bildschirmzeiten bewusst verringern oder sich ein tägliches Limit setzen

  • Computer ausstellen, wenn er nicht benötigt wird, anstatt Standby zu nutzen

  • Geräte so lang wie möglich nutzen, da besonders die Herstellung zu einem hohen digitalen CO2-Fußabdruck beiträgt [6]

  • Alte Geräte korrekt entsorgen

  • Bei Kauf neuer Geräte auf Energie Label achten

Streaming

  • Streaming reduzieren: Das Downloaden von Filmen und Co. ist im Vergleich dazu deutlich weniger energieintensiv [7]

  • Songs als Audio abspielen und dadurch auf unnötige Videos nebenbei verzichten

  • Videos in geringerer Auflösung ansehen und auf HD verzichten: Zum Beispiel bei YouTube lässt sich das ganz einfach umstellen

E-Mails und Datenspeicherung

  • E-Mails regelmäßig löschen, um den Datenspeicher gering zu halten

  • Sich von unnötigen Newslettern abmelden, die keinen Mehrwert bieten

  • Große Anhänge können über Datentransfer-Plattformen verschickt werden, anstatt per E-Mail

  • Daten möglichst lokal speichern, anstatt Cloud Dienste zu nutzen, zum Beispiel auf einer externen Festplatte sollte der normale Speicher nicht ausreichen

  • Automatische Downloads deaktivieren, zum Beispiel von WhatsApp Fotos, und nur abspeichern, was du wirklich benötigst

WLAN, Mobilfunk und Stromanbieter

  • Auf Videotelefonie verzichten und stattdessen die gute alte Sprachtelefonie nutzen

  • Statt mobiler Netzwerke WLAN verwenden

  • WLAN Router ausschalten, wenn du das Haus verlässt: Dieser verbraucht so viel Energie wie ein kleiner Kühlschrank [9]. Teilweise gibt es hierzu sogar automatische Funktionen, diesen Nachts auszustellen

  • Glasfaser ist besser fürs Klima [10]

  • Erneuerbaren Strommix verwenden, wie zum Beispiel Photovoltaik, Wasserkraft, Wind oder Biomasse

Sonstiges

  • Auf Umweltfreundliche Suchmaschinen umsteigen, die zumindest den CO2-Ausstoß kompensieren und mit erneuerbaren Energien betrieben werden

Wie nachhaltig ist die Digitalisierung? 

Immer wieder wird die Digitalisierung mit Nachhaltigkeit in Verbindung gebracht. Schließlich verbrauchen wir dank ihr weniger Ressourcen, wie zum Beispiel Papier, und sparen CO2-Emissionen, da Flüge durch Videokonferenzen ersetzt werden. Richtig? 

Jein. Denn auch die sogenannte Dematerialisierung braucht genauso Rohstoffe, welche oft in Vergessenheit geraten. Darunter sind unter anderem seltene Erden und Edelmetalle in Smartphones, Plastikgehäuse uvm. Rund 90% des Energieverbrauchs eines Smartphones entsteht bereits bei dessen Herstellung. Das bedeutet, umso länger (nicht öfter!) wir es nutzen, desto umweltfreundlicher wird es. Trotzdem ist der digitale Sektor bereits einer der größten Energieverbraucher und ist verantwortlich für hohe Treibhausgasemissionen. Schon im Jahre 2017 verursachte dieser 3,3% der weltweiten Emissionen und damit sogar mehr als der Flugverkehr. Auch der Energieverbrauch des digitalen Sektors steigt jährlich um 9% an. [11]

Ein kurzes Beispiel anhand von einfachem Mail-Verkehr: Jede Stunde werden zehn Milliarden E-Mails ausgetauscht. Doch nur 20% davon überhaupt gelesen. Im Durchschnitt legt so ein elektronischer Brief über mehrere Server 15.000 Kilometer zurück, weshalb jede E-Mail etwa vier Gramm CO2 emittiert. Mit Anhang sogar an die 50. „Gelagert“ werden die E-Mails dann oft in Clouds. In Wirklichkeit ist das leider keine schwerelose Wolke, sondern zig dezentrale Datenserver, die Energie benötigen, um Daten zu sichern und zu speichern. Zudem müssen sie ausreichend gekühlt werden. [12] Denkt man nun an zukünftige Entwicklungen rund um die digitale Transformation, kommt die Frage auf, wohin das führen wird. 

Ein interessantes Beispiel ist auch das Metaverse. Innovationen wie Virtual Fashion und Digitales Reisen versprechen nachhaltige Alternativen. Virtual Fashion beispielsweise hat laut Befürwortern großes Potential, Fast Fashion abzulösen. Dabei werden bereits jetzt von bekannten Marken wie Gucci und Balenciaga digitale Kleidungsstücke als NFT oder für Avatare angeboten, welche man im Metaverse erwerben kann. Laut Studien ist der C02-Ausstoß bei der Herstellung eines physischen Kleidungsstücks 95% höher als bei einem digitalen Artikel. [13] Folglich könnte virtual Fashion durchaus eine umweltfreundlichere Alternative darstellen. Die Rechnung geht jedoch erst auf, wenn Menschen in Folge weniger physische Kleidung kaufen. Dieser Zusammenhang ist noch nicht bewiesen. [14]

Auch der digitale Tourismus kommt laut einer Bitkom Umfrage in Zukunft für viele Deutsche in Frage. 21% gehen davon aus, dass in Zukunft statt realen Reisen, Orte im Metaverse bzw. mit Hilfe von Virtual Reality besichtigt werden. [15] Dadurch können umweltschädliche C02-Emissionen durch Flugreisen eingespart und ausgelastete Regionen geschont werden. Reicht das aus, um die Digitalisierung als Klimaretter anzusehen?

Schlussendlich braucht es eine enorme Rechenleistung, um diese Virtual Reality zu betreiben. Zurzeit produziert schon allein das weltweite Streaming C02-Emissionen in gleicher Höhe wie ganz Spanien. Verlagern sich Reisen, Freizeit und Arbeit mehr und mehr ins Metaverse, wird dieses bald die Liste der umweltschädlichsten digitale Dienste anführen. [16] Denn das Metaverse benötigt eine 1000-fache Steigerung der Rechenleistung, was mit einem extrem hohen Energieverbrauch einhergeht. Das benötigte Training für ein einzelnes KI-Modell erzeugt etwa 284.000 Kilogramm Kohlendioxid. Zum Vergleich: ein durchschnittliches Auto verbraucht während seiner gesamten Nutzungsdauer gerade mal ein Fünftel davon. [17]

Ein Funke Hoffnung bleibt jedoch für die Nachhaltigkeit der Digitalisierung. Denn mit dem Energiebedarf ist auch die Effizienz der Rechenzentren in den letzten Jahren stark gestiegen. Wird auch weiterhin an dieser Art des technischen Fortschritts gearbeitet, könnten die Energieeinsparungen durch die digitale Transformation den Energieaufwand irgendwann ausgleichen. Oder sogar übertreffen. Die Auswirkungen auf das Klima hängen dabei außerdem vom Energiemix ab. Gibt es also in Zukunft Möglichkeiten, den benötigten Strom ausschließlich durch erneuerbare Energien herzustellen, könnte das unter anderem den digitalen CO2-Fußabdruck des Metaverse gewaltig verringern und es in vielen Bereichen zu einer nachhaltigeren Alternative machen. [18]

Fazit

Alles in allem sollten wir uns auf jeden Fall mehr mit unserem digitalen CO2-Fußabdruck beschäftigen. Vielen ist nicht bewusst, welcher Schaden tatsächlich durch den täglichen Griff zum Smartphone oder dem Binge-Watching verrichtet wird. Betrachtet man den Anteil an Emissionen ist die Digitalisierung immerhin schon heute klimaschädlicher als der weltweite Flugverkehr.

Trotzdem ist der digitale Wandel nicht mehr wegzudenken und wird sich wohl kaum aufhalten lassen. Umso wichtiger ist es deshalb, dass an nachhaltigen Lösungen für die digitale Welt geforscht wird. Denn richtig eingesetzt bergen Metaverse und Co. doch einige spannende Alternativen zu verschiedenen Problemstellungen, wie zum Beispiel digital Fashion statt Fast Fashion und dem digitalen Reisen. Wie praktikabel diese Möglichkeiten schlussendlich werden, kann nur die Zukunft zeigen.

Bis die Digitalisierung jedoch nachhaltig gestaltet werden kann, müssen wir uns unserem eigenen digitalen CO2-Fußabdruck mehr bewusst werden und Maßnahmen ergreifen, um diesen zumindest deutlich zu verringern. Denn kleine Änderungen können bereits große Wirkung erzielen. Auch Unternehmen können hierzu einen großen Beitrag leisten, in dem sie den digitalen C02-Fußabdruck ihrer Produkte öffentlich machen und so zu mehr Transparenz beitragen, wie nachhaltig bestimmte digitale Produkte sind. Falls du Unternehmen aus der Elektronikbranche kennst, die dies bereits umsetzen, teile es doch gerne mit der overlook-Community, um andere Member dabei zu unterstützen ihren digitalen CO2-Fußabdruck in Zukunft möglichst gering zu halten.

[1] https://www.oeko.de/fileadmin/oekodoc/Digitaler-CO2-Fussabdruck.pdf [2] https://de.statista.com/infografik/27216/co2-emissionen-durch-informationstechnik-in-deutschland-pro-kopf/

[3]  https://www.firstclimate.com/was-ist-ein-co2-fussabdruck

[4] https://www.firstclimate.com/was-ist-ein-co2-fussabdruck

[5] https://www.myclimate.org/de/informieren/faq/faq-detail/was-ist-ein-digitaler-co2-fussabdruck/

[6] https://www.stern.de/digital/so-gross-ist-der-co2-fussabdruck-unseres-digitalen-lebens-31799296.html

[7] https://www.myclimate.org/de/informieren/faq/faq-detail/was-ist-ein-digitaler-co2-fussabdruck/

[8] https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/video-streaming-art-der-datenuebertragung

[9] https://www.eib.org/de/stories/digital-footprint

[10] https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/2546/dokumente/factsheet_klimawirkung_video-streaming.pdf

[11] https://www.eib.org/de/stories/digital-footprint

[12] https://www.eib.org/de/stories/digital-footprint

[13] https://www.ericsson.com/en/reports-and-papers/industrylab/reports/a-quick-guide-to-your-digital-carbon-footprint

[14]  https://fashionchangers.de/digitale-mode-unnoetig-oder-zukunftsorientiert/

[15] https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Digitaler-Tourismus-2022#item-16109

[16] https://blog.wdr.de/digitalistan/ab-ins-metaverse-ist-der-co2-fussabdruck-egal/

[17] https://www.absatzwirtschaft.de/metaverse-ein-albtraum-fuer-die-umwelt-234699/

[18] https://www.absatzwirtschaft.de/metaverse-ein-albtraum-fuer-die-umwelt-234699/

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